Stippvisite in der Greina
Die Wanderung vom hintersten Lumnez über den Diesrutpass und die Terrihütte in die vorwinterliche Naturschutz-Ebene.

Ja,ich weiss, dass die klassische Wanderzeit für die einzigartige Pflanzenwelt im Hochtal der Greina neben dem Hochsommer vor allem der (Früh-)Herbst ist. Und genauso ist mir bekannt, dass die meisten Wanderer die Greina vom oberen Sumvitg (Rufbusse ab Surrein/Sumvitg im Haupttal bis Runcahez erleichtern den Einstieg) bis in den Seitenarm des Bleniotals im Tessin durchschreiten – oder in umgekehrter Richtung. Sie haben recht, wir habens auch schon gemacht und waren vollauf zufrieden. So erlebt man einen abwechslungsreichen Aufstieg zur Terrihütte, das volle Greinaprogramm und am Ende die unterschiedlichen Nordtessin-Ausläufer bis zur Camadra/Fontana (über die Scalettahütte) oder zum Luzzone-Stausee (über die Motterasciahütte).
Bloss: Das will geplant sein, denn für nicht rekordschnelle Läufer (Hetzen wäre hier übrigens mehr als schade!) heisst es zwei Tage einrechnen und eine Hüttenübernachtung. Was aber, wenn man spontan genau einen Tag zur Verfügung hat und die Hütten im Spätherbst gewöhnlich bereits Saisonschluss gefeiert haben? Weil wir im letzten November(anfang) nach ersten Schneefällen, aber danach wieder warmem Herbstwetter genau das Bedürfnis hatten, einen Tag für die Stippvisite in der Greina zu nutzen, liefern wir jetzt bei ähnlichen Bedingungen unseren Tipp.
Denn warum statt in später Hochblüte nicht einmal kurz vor Wintereinbruch die Hochebene aufsuchen, die vor etlichen Jahren um ein Haar in einem grossen Stauseeprojekt geflutet worden wäre?

Die Route (rot), auch als PDF zum Download (1620 x 940 px / © swisstopo)
Der Trick dabei: Man startet statt über Blenio oder eben Sumvitg zuoberst im Lumnez. Erstaunlich früh erreicht man mit dem Postauto von Ilanz her Vrin, alsbald läuft man Richtung Puzzatsch und danach Alp und Pass Diesrut los. Schon die Durchfahrt des Lumnez hat ihren Charme, die Hochalpgebiete vor dem Übergang in die Greina umso mehr. Man durchwandert auf besten Wegen – es darf jedoch nicht mehrmals gründlich bis 2000 Meter runtergeschneit haben! – eine malerische, aber irgendwie auch schlichte Landschaft auf schrittweise alpiner werdendem Terrain. Die Gesamtstrecke erweist sich mit weniger als 18 Kilometern wirklich überschaubar, jedoch muss man eine hübsche Strecke bergauf und am Ende auch bergab gehen können. Richtig kräftezehrend sind aber nur 300 Höhenmeter am Diesrut, zwischen knapp 2000 und 2300 m ü. M.
Dieser Diesrut entschädigt einen mit spannendem Verlauf und regelmässig wechselnden Aussichten voll dafür, dass man ihm mindestens ebenso viel Zeit widmet wie dazwischen der Greinaschlaufe über Terrihütte und dem Wendepunkt kurz vor Crap la Crusch. Unübertroffen vor allem der Mix aus Greina-Bergspitz und -gletscher, den man etwas westlich vom Pass zeitgleich mit einer sich bei jedem Schritt öffnenden Hochebene Richtung Südwest bestaunt. Doch auch letzte Herbstzeugnisse und schon in den Wintermodus geschaltete Disteln lohnen auf der Greina angekommen den Anblick aus der Nähe.
Ein letzter Rat: Wer nach sieben Stunden wieder in Vrin eintrifft und noch etwas Zeit bis zum (vor-)letzten Postauto hat, muss das «Pöstli» (Ustria dalla Posta) aufsuchen. Mit dem einen oder anderen Einheimischen, dem wartenden Busfahrer, sehr sympathischen Wirtsleuten und dem einen oder anderen Wanderer eine der hübschesten Beizen in Bündner Bergdörfern schlechthin. Nichts Herausgepützeltes, schlicht gelebte Tradition in stilvollem Ambiente (falsch, den Begriff würden die Einheimischen nie benützen!). Und bis heute ein lebendiger Treffpunkt. Man will schlicht nicht mehr weg.
Geeignet für Entdeckungsfreudige mit Vorliebe für Auf- und Abstieg
Höhepunkt: Diesrutpass, Blick von Terrihütte nordwärts und Greina
Pause: Diesrutpass, Terrihütte, Greinaebene (am Bach)
Dauer: 6 Std. 30 Min. (Laufzeit ohne Pausen)
Höhenmeter (bergauf): 1400 m

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Reto Meisser (45), Onlineredaktor des Migros-Magazins, ging schon als Kind mit der Familie wandern – und mochte es. Regelmässig aufs Rennrad schwang er sich jedoch erst nach dem 30. Geburtstag.
Mittlerweile geht es ihm seltener um das Erklimmen von 3500ern zu Fuss oder um Radanstiege wie Splügen oder Stelvio in (gemächlicher!) persönlicher Rekordzeit als ums Kennenlernen neuer Orte. Obschon er gefühlt bereits in der halben Schweiz gewohnt oder mehrmals Ferien verbracht hat, entdeckt er mit wachsender Begeisterung völlig unbekannte Routen und Ansichten.

Ursula Walker
Ursula Walker
31.10.2017Ein einmaliges Foto super Farbe ein Lob unserer Gletscher
Antoinette Gschwend
Antoinette Gschwend
30.10.2017Super Foto von der Greina!