Skolstrejk för Klimatet
Bänz Friedli über das Engagement der Jugend gegen den Klimawandel. Hier kannst du dich mit ihm oder anderen Leser(inne)n austauschen und die vom Autor selbst gelesene Hörkolumne herunterladen.

Dauernd war Helikopterlärm über unserem Haus, Tag und Nacht: Kloten–Davos, Davos–Kloten. Während des Weltwirtschaftsforums, vorige Woche, habe ich kaum ein Auge zugetan. Dauernd mussten wichtige Männer in die Bündner Berge pilotiert werden, damit sie dort rasch das Klima retten konnten.
Nur eine nahm den Zug: die schwedische Schülerin mit dem Pappkarton, Aufschrift «Skolstrejk för Klimatet». Greta Thunberg, 16-jährig, Initiantin der weltweiten Schülerinnen- und Schülerstreiks, reiste mit der Eisenbahn an, zweiunddreissigeinhalb Stunden hin, zweiunddreissigeinhalb Stunden zurück. Greta ist die einzige WEF-Teilnehmerin, die ich so richtig ernst nehmen konnte. Ansonsten wurde zwar viel übers Klima parliert, in den Hinterzimmern aber ging es um schrankenlosen Handel und klimaschädliche Deals. Unappetitliche Regimes wie China und Saudi-Arabien hatten ihren grossen Auftritt. Und wurden von der offiziellen Schweiz genauso hofiert wie der neue brasilianische Präsident, der Hitler für einen «grossen Strategen» hält.
Doch bereits sind sie zur Stelle, all diejenigen, die vorschnell wissen, dass diese Greta sowieso nicht selber denkt. Ebenso wenig wie all die Jugendlichen, die es ihr an Demonstrationszügen gleichtun. Eine gewisse Vroni aus Rümlang ist sich sicher, dass «dieses Mädchen instrumentalisiert wird». Ein Ruedi aus Zürich spricht von «Klimahysterie» und behauptet, die Kinder würden dafür «eingespannt». Er verkennt, dass Kinder selber denken können. Und Peter aus Feldkirch wettet, «dass 90 Prozent dieser streikenden Kinder selber keine Massnahmen treffen für den Klimaschutz, weiter Strom verbrauchen, Plastiktüten und Flaschen wegwerfen».
Erstaunlich, wie hurtig sie in Leserbrief- und Kommentarspalten Urteile fällen. Es sind Vorurteile. Wer sie hegt, hat vermutlich noch mit keinem dieser Jugendlichen und jungen Erwachsenen gesprochen. Diese Klimaaktivisten, ich weiss es aus eigener Erfahrung, diskutieren mit ihren Eltern, sie hinterfragen, woran wir Älteren uns so wohlig gewöhnt haben: rasch hier- und dorthin zu jetten, per Billigflug übers Wochenende; Bio-Avocados aus Übersee zu konsumieren; im T-Shirt in der überheizten Wohnung zu hocken. Und was tun sie, diese Jugendlichen? Sie nehmen den Nachtzug nach Kopenhagen, planen Pfadilager mit dem Ziel, null Abfall zu produzieren und sämtliche Verpflegung von Bauern vor Ort zu beziehen, buchen Interrail, statt Auto zu fahren. Engagiert, aufrichtig, konsequent. Sie werden nicht lockerlassen, diese «Kinder». Wir sollten uns an ihnen ein Beispiel nehmen.
Norbert Derksen
Norbert Derksen
10.02.2019«Er verkennt, dass Kinder selber denken können.» — Nur merkt man davon leider nichts, wenn es in der Schule um Relativitätstheorie mit allem daraus resultierenden Blödsinn geht, der eifrig nachgeplappert wird. Das Klimaproblem hat auch mit der längst verlorengegangenen Glaubwürdigkeit der sogenannten „Wissenschaftler“ zu tun sowie dem Abwürgen eines offenen Diskurses und der diesbezüglichen Gleichschaltung der Medien, die oft einseitig und zudem noch wahrheitswidrig berichten, ob nun gewollt als Lüge oder ungewollt aus Dummheit gepaart mit mangelhafter Recherche. Was am zweifellos zu beobachtenden Klimawandel tatsächlich menschengemacht ist, wissen, wie man an der Konstanzer Universität zugab, nicht einmal die Fachleute. Wie also sollen Kinder das beurteilen können?
Harry Maier
Harry Maier
07.02.2019Super Artikel, der es auf den Punkt bringt! Unsere Jugendlichen wollen Verantwortung übernehmen, von sich aus und nicht weil sie instrumentalisiert werden! Ich wünschte mir, dass sich die Erwachsenen auch mal aus der Komfortzone begeben und aufwachen um mit den Jugendlichen/Kindern gemeinsame Sache machen!
Gerda Pollinger
Gerda Pollinger
05.02.2019Ich verstehe sehr gut, dass diese Helikopter-Eltern, die ihren Kinder nicht mal zutrauen den Weg vom Auto zum Schulhaus (100m!) alleine zu finden, unmöglich glauben können, dass es auch selber denkende Kinder und Jugendliche gibt. Muss für diese Eltern ein Albtraum sein, selbständige Kinder zu haben, die ihre eigenen Fehler machen wollen und nicht mit 30 Jahren immer noch kein Problem selber versuchen zu lösen. Glg
Ina Schmidt
Ina Schmidt
05.02.2019Hallo Bänz!
Mit deiner Kolumne hast den Nagel auf den Kopf getroffen. Ich finde es auch super, dass in der heutigen Zeit Jugendliche für eine Veränderung demonstrieren und sich Gedanken darüber machen. In 20min habe ich einen Artikel über Greta gelesen, in dem im letzten Satz stand " ...bei ihr wurde Asperger diagnostiziert und eine Zwangsstörung....". Das hat mich so aufgeregt. Für mich sieht das nach einem Versuch aus, dieses engagierte Mädchen als unglaubwürdig und ein bisschen gestört darzustellen.
Ich bin auch im Alter von 15 Jahren auf die Strasse demonstrieren gegangen, weil ich für mehr Entscheidungsfreiheit im Leben gekämpft habe. Die Kids in diesem Alter wissen oft schon sehr genau, was sie wollen und sie sehen, was in unserer Gesellschaft nicht in Ordnung ist!
Andreas Geiser
Andreas Geiser
07.02.2019Und wenn das zutrifft mit der Autismusspektrumstörung, zu der Asperger-Syndrom zählt steigt mein Respekt vor Greta noch mehr.
Elke Wurster
Elke Wurster
07.02.2019Greta spricht selbst offen über diese Diagnose. Zum Beispiel bei ihrem TED-Talk in Stockholm (sehr eindrücklich, lohnt sich, die ganzen 11 Minuten anzuhören). https://www.ted.com/talks/greta_thunberg_the_disarming_case_to_act_right_now_on_climate
Dass dies von gewissen Menschen nun verwendet wird, um sie zu diffamieren ist unerhört.
Elke Wurster
Elke Wurster
07.02.2019Noch ein neuerer Link: Greta in CNN-Interview. Auch darin wird Asper thematisiert. https://edition.cnn.com/videos/politics/2019/02/06/scott-jennings-van-jones-amanpour.cnn/video/playlists/amanpour-trump/
Bänz Friedli
Bänz Friedli
05.02.2019Ja, das klingt eigenartig mit der Zwangsstörung. Gewiss trägt Asperger zu ihrem Wesen und ihrer Art der unumstösslichen Entschlossenheit bei, aber die Erwähnung darf Ihr Wirken nicht schmälern und sollte nicht dazu beitragen, Greta weniger ernst zu nehmen. Im Gegenteil. Aber das sind halt so Versuche, etwas mit «Die hat halt einen Knall» abzutun …