Olympische Winterspiele: Auf dem Sprung nach Sotschi
Skispringen für Frauen, Rodeln, Freeski – die Schweiz ist in allen Randsportarten präsent. Und erfolgreich. Fünf Porträts von Sportlerinnen und Sportlern, die an den Olympischen Winterspielen in Russland alles geben werden.
DIE SOTSCHI-WELT
Ausserdem zum Thema: Lage, Kosten, sportliche Entscheidungen - alles, was Sie über Sotschi wissen müssen.
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FÜNF FREESKI-KÖNNER
Freeski steht neu auf der Winterolympia-Agenda. Hier berichten Athleten in drei Filmen des Multimedia-Teams für das Migros-Magazin vom Reiz, den ihre Sportart ausmacht – und zeigen ein paar Tricks:
Eveline Bhend & Elias Ambühl, Slopestyle/Big Air (für Sotschi selektioniert)
Loris & Nicolas Falquet, Big Mountain
Sämi Ortlieb,
Urbanski
Die Porträts: KAI MAHLER
Sotschi ist ein Contest wie jeder andere auch. Aber klar, bin ich stolz, für die Schweiz zu starten.

Kai Mahler wurde am 11. September 2013 erst 18 Jahre alt, zählt zu den grössten Talenten in der Freeski-Szene und damit zu den Medaillenhoffnungen der Schweizer Sotschi-Delegation. Darauf angesprochen, gibt er sich zurückhaltend: «Mein Ziel ist es, eine Topleistung abzurufen, mit mir selber zufrieden zu sein und schöne Eindrücke mit nach Hause zu nehmen.» Der in Fischenthal ZH wohnhafte Sportmittelschüler, dessen Kreuzband vor einem Jahr gerissen ist, trainiert für den wichtigsten Wettkampf in seiner noch jungen Karriere über 30 Stunden pro Woche. Und er versucht, ganz Freeskier, auf cool zu machen. «Sotschi ist ein Contest wie jeder andere auch. Ich bereite mich nicht viel anders vor als auf einen normalen Wettkampf. Aber klar, bin ich stolz, für die Schweiz zu starten.»

SABRINA UND BIGNA WINDMÜLLER
Angst? Im Auto fahre ich ja auch 120 Kilometer pro Stunde.

Frauenskispringen als olympische Disziplin feiert im russischen Sotschi Premiere. Und mit Bigna Windmüller (22) vertritt eine junge Athletin die Schweizer Farben. Die Sarganserin, die als offen und gewitzt gilt, qualifizierte sich dank ihres besten Weltcup-Resultats: In Japan sprang sie vor Wochenfrist auf den dritten Platz. Bignas Schwester Sabrina (26) muss zu Hause bleiben.
Bigna, die 2002 an einem Schnuppertag in Wildhaus SG das Skispringen entdeckte und an der Junioren-WM 2010 Vierte wurde, sagt: «Ich bin überglücklich, bei diesem historischen Moment dabei zu sein. Viele der Skispringerinnen haben den Sport zu einer Zeit ausgeübt, als sie noch nicht wissen konnten, dass er einst olympisch sein wird.» Wie ihre Schwester – beide wohnen bei ihren Eltern in Sargans SG – setzte Bigna fast alles auf die Karte Sport. Die dreifache Meisterin arbeitet in der Tamina Therme Bad Ragaz SG, «um halbwegs über die Runden zu kommen». Sabrina und Bigna sind im Weltcup auf sich gestellt: Das Duo hat weder einen Servicemann noch einen Physiotherapeuten. Manchmal dürfen sie die Ski den Männern zum Präparieren geben. Nach Sotschi will Bigna Windmüller ins Ausland für ein Management- und Wirtschaftsstudium.

SVEN MICHEL
Ich trete auf dem Eis unbekümmert auf.

Seit Ende August 2013 trainiert Curler Sven Michel (25) täglich. Und die Rechnung ist für ihn aufgegangen: Völlig überraschend gewann der Berner Oberländer mit seinem Team an der EM in Norwegen Ende November 2013 die Goldmedaille. «Die Olympischen Spiele werden aber um einiges schwieriger werden, weil starke Nationen wie die USA, Kanada und China dazukommen. Trotzdem versuchen wir, in die Top 5 vorzustossen», definiert Michel das Mannschaftsziel. Seine Freundin hat er beim Curling-Sport auf Juniorenstufe kennengelernt: Alina Pätz (23) ist Ersatzspielerin im Team von Olympiateilnehmerin Mirjam Ott.

MARTINA KOCHER
In Sotschi möchte ich mich weiter Richtung Rang 1 verbessern

Bereits zum dritten Mal nimmt Martina Kocher (28) an Olympischen Spielen teil. 2006 belegte die Schlittlerin in Turin den 9. Rang, vier Jahre später in Vancouver Platz 7. «In Sotschi möchte ich mich weiter Richtung Rang 1 verbessern. Es geht mir in erster Linie darum, möglichst grad und schnell hinunterzufahren», sagt sie. Die Bernerin hat vor fast 20 Jahren erstmals Rodelsportluft geschnuppert. Sie ist sehr polysportiv, wirft im Sommer manchmal den Diskus und absolvierte die Spitzensport-Rekrutenschule. Kocher trainiert in Magglingen BE und fährt am Wochenende nach Hinterkappelen BE, wo sie mit ihren Eltern lebt. Was sportlich nach Russland folgt, steht für die Sportlehrerin noch nicht fest.

FLORENCE SCHELLING
In einer Frauenmannschaft wäre ich unterfordert.

Florence Schelling (24) gehört zu den besten Eishockey-Torhüterinnen der Welt und gewann letztes Jahr mit der Frauennati an der WM in den USA die Bronzemedaille. Die Sportart dominiert das Leben der Zürcherin: Ihr Bruder Philippe spielt bei den Kloten Flyers, Ex-Freund Yannick Weber bei den Vancouver Canucks, seit Juni 2013 hat sie einen 100-Prozent-Job als IT-Koordinatorin und Assistentin der Geschäftsleitung beim Internationalen Eishockey-Verband in Zürich, und sie steht seit 2013 im Tor des EHC Bülach, einer Männermannschaft, die in der 1. Liga spielt. «Für mich ist das nichts Besonderes, denn ich habe schon im Alter von vier Jahren das Tor gehütet, als meine beiden älteren Brüder nach einem Goalie gesucht haben.» Nach dem überraschenden WM-Erfolg hat die Frauennati eine gute Ausgangslage in Sotschi: «Wir sind bereits für den Viertelfinal qualifiziert. Deshalb wollen wir in den Halbfinal. Schaffen wir das, ist der nächste Schritt eine Medaille.»

Autor: Reto Wild