Alles fährt Ski
Vor 150 Jahren nahm der Schweizer Wintertourismus im Engadin seinen Anfang. Kleinere und grössere Berühmtheiten haben seither ihre Winterferien in der Schweiz verbracht. Ein Rückblick.

Es war der legendäre St. Moritzer Hotelier Johannes Badrutt vom «Kulm», der mit einer Wette die ersten Wintergäste in die Alpen lockte. Er versprach ein paar Engländern: «Im Winter werdet ihr hemdsärmelig bei Sonnenschein auf der Terrasse sitzen. Falls ich unrecht habe, übernehme ich zusätzlich die Reisekosten von London nach St. Moritz.» Badrutt hatte recht. Mit der Saison 1864/65 wurden Winterferien in den Schweizer Alpen, die damals im Ausland als dunkel, nebelreich und bedrohlich galten, salonfähig.

1884 wurde in St. Moritz die erste Bobbahn der Welt eröffnet, 1934 der erste Bügellift am Bolgen in Davos. Sogar für Lungenkranke wurden die Schweizer Berge attraktiv: 1865 weilten die ersten Patienten in Davos. Die Nachricht von deren Genesung verbreitete sich wie ein Lauffeuer in Europa.
Am Anfang waren die Briten, dann folgten Prominente aus aller Welt
Der Wintertourismus entwickelte sich zwischen 1950 und 1970 zum grossen und lukrativen Geschäft; die Hotelübernachtungen nahmen in dieser Zeit von 15 auf rund 35 Millionen pro Jahr zu. Vor allem ausländische Gäste haben zu diesem Aufschwung beigetragen. Die Briten machten den Anfang. Prominente aus aller Welt zog es von da an ebenfalls in die Schweizer Berge, darunter Schriftsteller Thomas Mann, Filmstar Charlie Chaplin, Schauspielerin Romy Schneider oder John Lennon von den Beatles. Er hatte mit dem Schnee jedoch seine liebe Mühe, wie im Jubiläumsbuch «Schnee, Sonne und Stars» von Autor Michael Lütscher zu sehen ist. Der Zürcher hat auf über 250 Seiten mit vielen Bildern die erste gebündelte Dokumentation über den Wintertourismus in der Schweiz zusammengestellt.
150 Jahre nach Johannes Badrutts Geniestreich feiert Schweiz Tourismus (ST) das Jubiläum mit zahlreichen Anlässen. Am 6. Dezember um 18 Uhr findet in St. Moritz eine Jubiläumsfeier mit dem Sänger Xavier Naidoo und dem Lichtkünstler Gerry Hofstetter statt.
ST-Direktor Jürg Schmid: «Der Schweizer Winter ist seit 150 Jahren das Original. Unsere Gäste wollen heute aber nicht nur Ski fahren, sondern auch auf Winterwanderwegen spazieren, wellnessen und die Gastronomie geniessen.»
«Schnee, Sonne und Stars – wie der Wintertourismus von St. Moritz aus die Alpen erobert hat», Michael Lütscher, NZZ-Libro
Für Fr. 72.–
bei Ex Libris
Bilder: RDB, Ullstein-Bild, swiss-image.ch (2), Desmond O'Neill, IML, Hauri Lydia, Horst Ebersberg, Topphoto, Rutz AG Optik Photo, Keystone (3), Zermatt Tourismus, Dokumentationsbibliothek St. Moritz.

Als der Winter noch Winter war: Ein Wagen fährt im Zentrum von St. Moritz über tief verschneite Strassen. Das Hotel am rechten Bildrand gibt es nicht mehr. Im Parterre sind heute ein Restaurant und eine Bar, darüber Wohnungen. In St. Moritz («Top of the World») stehen heute 37 Hotels zur Auswahl.

Der britische Filmregisseur und -produzent Sir Alfred Hitchcock benützt 1960 die Seilbahn zur über 3000 Meter hoch gelegenen Bergstation des Piz Nair oberhalb von St. Moritz und testet mit einem Bein die Zugluft in windiger Höhe.

Winteridylle: Die iranische Kaiserfamilie mit dem Monarchen Reza Schah Pahlavi und seiner Frau Farah Diba hält sich 1975 im St. Moritzer Winter mit Skijacken und einer Felldecke warm. Kaum vier Jahre später überschlagen sich die Ereignisse, der Schah wird im Iran gestürzt.

Massenauflauf auf der Bahnhofstrasse in Zermatt: Eintreffende Feriengäste befinden sich auf dem Weg zu ihren Unterkünften (Datum unbekannt). Der «Schweizerhof» (linke Strassenseite) steht auch heute noch in Zermatt. Vor ein paar Tagen bewertete
das Onlineportal Skigebiete-Test.de das verkehrsfreie Dorf als bestes Skigebiet der Welt
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Autor: Reto E. Wild